Konzept Living Museum

Ein offener, druckfreier Schutzraum, in welchem sich Menschen unabhängig von Diagnose, Biografie und Alter künstlerisch entfalten können. Es ist ein offenes Atelier und Ausstellungsraum für zeitgenössische Kunst in einem und steht in einem aktiven Austausch mit der Öffentlichkeit. Ziel ist es einen Raum zu bieten, den Menschen mit psychischen Belastungen über viele Jahre aufsuchen können, wo künstlerisches Schaffen möglich wird und eine tragende soziale Gemeinschaft geboten wird. Im Living Museum wird dem hohen schöpferischen Potential der Menschen Raum gegeben. Sie kommen ins Living Museum und werden durch die bunte Vielfalt der gestalteten Umgebung, die kreative Atmosphäre und die dort bereits arbeitenden Künstler:innen angeregt, selbst künstlerisch tätig zu werden. Vorteile wie Gemeinschaft, Respekt und Wertschätzung kommen zum Tragen. Autonomie und Begegnungen unter Gleichbetroffenen können Resilienz, Recovery sowie Behandlungsbereitschaft und Therapieeffekt steigern. Entsprechend verhindert diese Form von sozialer Gemeinschaft Rehospitalisationen und soziale Isolation.

An diesem Ort können einzelne Aspekte psychischer Erkrankungen, wie zum Beispiel eine besonders rege Gedankenwelt, intensive Gefühlswelt und Phantasiefähigkeit zum Motor für Kreativität werden. Eigenheiten und Verrücktheiten können in der Kunst ausgelebt werden, erhalten eine Gestalt, ein dialogisches Gegenüber und verlieren so ihren Schrecken. Die stärkende Erfahrung des Ausdrucks innerer Bilder schafft eine notwendige Voraussetzung, sich als aktiven Gestalter des eigenen Lebensentwurfs wahrzunehmen.

Im besten Fall entwickeln die Menschen im Living Museum ein positiveres Selbstbild und können sich mehr und mehr als Künstler:innen und wertvolle Mitglieder der Gesellschaft und nicht mehr vorrangig als psychisch erkrankte Personen wahrnehmen.

Die Philosophie des Living Museums beinhaltet den Gedanken der umgekehrten Inklusion: Nicht die Menschen kommen ins Living Museum um anschliessend wieder in der Gesellschaft zu funktionieren, sondern die Gesellschaft wird ins Living Museum eingeladen und so von dort aus verändert.

Das Konzept wurde in New York von Dr. Janos Marton entwickelt und von Dr. Rose Ehemann in Wil (St. Gallen) weiterentwickelt. Die bereits existierenden Living Museums stehen alle in regem Austausch miteinander und befruchten sich gegenseitig. Die Erfolge des Konzepts sprechen für sich und Living Museums werden nach und nach zu wichtigen Standorten in der psychiatrischen Landschaft. Die Living Museum Bewegung gilt in Fachkreisen als vierte Revolution in der Geschichte der Psychiatrie: Nach der Befreiung psychisch erkrankter Menschen aus ihren Fesseln, der Erfindung der Psychoanalyse und der Einführung der Psychopharmaka.